F.A.Q. - COVID19 und häusliche Gewalt

Nimmt häusliche Gewalt in durch Covid-19 bedingten Krisenzeiten zu?

Durch die krisenbedingte Ausgangssperre, welche Familien und Paare zwingt, dauerhaft in einer ungewohnten und unter Umständen schwierigen Nähe zusammenzuleben, steigt die Gefahr von Konflikten und gewalttätigem Verhalten, vom Ausufern oder Wiederaufflammen von Konflikten oder häuslicher Gewalt (in der Familie oder bei Paaren). Rezente Studien haben gezeigt, dass die Ausgangssperre tatsächlich in den Familien oder bei Paaren Spannungen hervorrufen kann, die in Gewalt – psychologischer, psychischer oder sexueller Natur – ausarten können.

Gewalt, in all ihren Facetten und Formen, wird niemals toleriert, weder jetzt noch in der Zukunft. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, jedem Opfer (Frauen, Männern und Kindern) sowie jedem Täter (Männern und Frauen) in diesen Krisenzeiten Zugang zu Hilfe und Unterstützung zu sichern.

Stellt das Ministerium für Gleichstellung und Diversität (MEGA) sicher, dass Hilfs- und Unterstützungsdienste für die Bekämpfung häuslicher Gewalt weiterhin funktionieren?

Die Opfer sind nicht allein, sie können sich jederzeit von Beratungsstellen und -diensten für Opfer häuslicher Gewalt helfen und begleiten lassen. Auch Täter und Täterinnen sowie potenzielle Täter und Täterinnen können jederzeit die Hilfe eines auf die Arbeit mit Tätern spezialisierten Dienstes in Anspruch nehmen.

Seit Beginn der Krise hat der MEGA alle notwendigen Schritte unternommen, um sicherzustellen, dass sein Hilfs- und Unterstützungsnetzwerk im Bereich der Bekämpfung von häuslicher Gewalt und Gewalttätigkeit seine Aktivitäten fortsetzen kann. Die von der Regierung im Rahmen der Krisenbewältigung ergriffenen Maßnahmen verpflichteten das Personal der Hilfsdienste, bestimmte Schutzvorkehrungen zu treffen. Aus diesem Grund finden die meisten Kontakte und Beratungen per Telefon, Videokonferenz oder über eine Hotline statt. Die Kontaktdaten der entsprechenden Dienste sind im Internet abrufbar.

Verbietet die während der Krisenzeit verhängte Ausgangssperre es einer Person, die Opfer von häuslicher Gewalt ist, ihre Wohnung zu verlassen?

Nein, die Ausgangssperre verbietet es auf keinen Fall einem Opfer von häuslicher Gewalt oder einer Person, die einer unmittelbaren Bedrohung oder Gefahr durch eine Person, mit der sie zusammenlebt oder zusammengelebt hat, ausgesetzt ist, aus der Wohnung zu flüchten oder die Polizei zu rufen und einen Hilfsdienst zu kontaktieren.

Wird häusliche Gewalt gesetzlich bestraft?

Durch die Krise wird weder das Gesetz im Allgemeinen, noch im Besonderen das Gesetz gegen häusliche Gewalt vom 8. September 2003, das bei häuslicher Gewalt die Verweisung von Tätern und Täterinnen aus der Wohnung vorsieht, aufgehoben. Täter und Täterinnen sind nicht davor geschützt, dass das oben genannte Gesetz in diesen Krisenzeiten uneingeschränkt angewendet wird.

Was genau versteht man unter einer Verweisung?

Wenn die Polizei vor Ort in einer Situation häuslicher Gewalt in einem Privathaushalt interveniert, kann sie feststellen, dass genügend Anhaltspunkte für die Annahme vorliegen, dass die physische Unversehrtheit einer Person, mit welcher der Täter bzw. die Täterin in einem familiären Umfeld zusammenlebt, gefährdet oder erneut gefährdet ist. Auf der Grundlage der vor Ort gewonnenen Erkenntnisse und auf Anordnung der Staatsanwaltschaft kann der Täter bzw. die Täterin für eine Dauer von 14 Tagen aus der gemeinsamen Wohnung verwiesen werden, wobei diese Dauer auf maximal drei Monate erhöht werden kann, ggf. mit einem Kontaktverbot zu dem/den Opfer(n) und einem Verbot der Annäherung und Rückkehr in die Wohnung.

Wie erhält man Hilfe im Falle einer unmittelbaren Gefahr?

Bei drohender und gefährlicher häuslicher Gewalt, sowohl für den Anrufer als auch für Angehörige, die mit dem Täter in einem familiären Umfeld leben (z. B. andere Mitglieder der Familie oder Patchworkfamilie), ist es immer ratsam, die Polizei auf der Nummer 113 anzurufen.

Die App der Polizei verfügt über eine E-Call-Taste für den direkten Kontakt mit der nationalen Einsatzzentrale unter 113 per Mobiltelefon oder SMS. Zur Sicherheit der Anrufer wird ihr Standort (nach Absprache) geortet, um schnellstmöglich Hilfe zu schicken. Weitere Informationen finden Sie unter https://police.public.lu/fr/application-mobile.html.

Und wie wird das Opfer nach dem Einschreiten der Polizei betreut?

Wenn nach dem Eingreifen der Polizei eine Verweisung angeordnet wird, wird das Opfer anschließend von spezialisierten Hilfsdiensten betreut, nämlich dem SAVVD-Dienst für volljährige Opfer und den Diensten PSYEA und Alternatives für minderjährige Opfer. Diese Unterstützung ist nach dem geänderten Gesetz gegen häusliche Gewalt vom 8. September 2003 automatisch vorgesehen.

Kommt es nach dem Eingreifen der Polizei zu keiner Verweisung, händigt die Polizei den im Haushalt anwesenden Personen ein Informationsblatt aus, mit der Aufforderung, auf die Gewaltsituation zu reagieren, um Hilfe zu bekommen. Das Blatt gibt die Dienste an, die sich mit direkten und indirekten, voll- und minderjährigen, Opfern von häuslicher Gewalt befassen.

Werden auch aufgrund von häuslicher Gewalt aus der Wohnung verwiesene Täter bzw. Täterinnen betreut?

Es ist wichtig, dass die Täter bzw. Täterinnen sich in diesen Krisenzeiten nicht selbst überlassen bleiben. Bei einer Verweisung ist der Täter bzw. die Täterin verpflichtet, innerhalb der ersten 7 Tage nach der Verweisung, wie in dem vorgenannten Gesetz festgelegt, bei der Dienststelle für Gewalttäter/innen, dem Riicht Eraus, vorstellig zu werden. Meldet sich der Täter nicht beim Riicht Eraus, dann nimmt dieser Dienst unverzüglich Kontakt mit dem Täter häuslicher Gewalt auf, um eine Betreuung anzubieten.

Was ist mit Tätern und Täterinnen, die nicht verwiesen wurden?

Riicht Eraus steht auch Tätern und Täterinnen zur Verfügung, die nicht aus der Wohnung verwiesen wurden. Der Dienst fordert alle Personen, die spüren, dass Druck, Wut, Konflikte und Gewalt innerhalb der Partnerschaft oder Familie zunehmen, oder die am Ende ihrer Kommunikationsfähigkeit angelangt sind, auf, anzurufen, bevor sie zur Tat schreiten und gewalttätig werden. Dieses Angebot richtet sich auch an Menschen, die Gewalt ausgeübt haben.

Das Informationsblatt, das den bei häuslicher Gewalt im Haushalt anwesenden Personen von der eingreifenden Polizei ausgehändigt wurde, gibt ebenfalls den Dienst an, der für die Betreuung von Tätern bzw. Täterinnen häuslicher Gewalt zuständig ist.

Was tun, wenn ein Opfer oder ein Täter bzw. eine Täterin nicht bereit ist, die Polizei anzurufen? Wie können sich die betroffenen Personen über die verschiedenen Handlungsmöglichkeiten informieren?

Zusätzlich zu den oben genannten Diensten können sich alle Opfer und potenziellen Täter bzw. Täterinnen von Gewalt jederzeit an die Dienste wenden, die im Rahmen der Bekämpfung von Gewalt, einschließlich häuslicher Gewalt, mit dem Ministerium für Gleichstellung von Frauen und Männern eine Vereinbarung geschlossen haben. Hier begleiten spezialisierte Mitarbeiter (Psychologen, Sozialarbeiter, Juristen, Kriminologen) die Betroffenen bei all ihren Bemühungen.

Eine ausführliche Liste aller verfügbaren Unterstützungsdienste und -strukturen finden Sie unter:

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